Über Bilder von den eigenen Kinder im Internet und Erziehung in Sachen Medienkompetenz

von Nordherz

Das veröffentlichen von Kinderbildern im Internet ist schon länger ein großes Thema von Eltern in allen sozialen Netzwerken. Zu Recht ein heiß diskutiertes Thema. Wo das Internet doch nichts vergisst.

Ich denke, jeder muss selbst entscheiden wie er das handhabt und was für Bilder er unter welchen Bedingungen von seinen Kindern im Internet veröffentlicht.
Es gibt nicht den einen, richtigen Weg. Jeder muss da seinen eigenen Weg finden, wie er damit umgeht. Man sollte sich aber auf jeden Fall fragen, ob man, wenn man selbst das Kind wäre und die eigenen Eltern dieses oder jenes Bild veröffentlichen, damit einverstanden wäre. Man sollte sich also in die Sicht des Kindes hineinversetzen.
Es ist gut, dass das Thema Kinderbilder im Netz im Gespräch bleibt, dass es präsent ist und Eltern so angeregt werden, darüber nachzudenken.

Der Fall “internat”

Aktuell gibt es einen Fall bzw. mehrere Fälle die sich zu einem großen vereinen – der viele Eltern in Angst und Schrecken versetzt. Auf Instagram schießen Fake-Accounts wie Pilze aus dem Boden. Sie gehören alle zur gleichen Gruppe. Die Accounts beinhalten alle das Wort “internat” oder “Waisenkind”.
Die Accounts sind allesamt bestückt mit Bildern die via Google-Bildersuche oder anderen Instagram Accounts zusammen geklaut wurden und ohne die Zustimmung der Urheber verwendet werden. Dort werden aber nicht einfach Bilder von Promis oder allgemeines gezeigt. Das wäre ja nicht so schlimm. Fanseiten von Personen “öffentlichen Interesses” sind ja durchaus erlaubt und das toleriert man ja auch.
Aber hier geht es um etwas anderes. Nämlich um Bilder von fremden Kindern, von Schwangeren Frauen und vieles mehr. Private Babybilder (z.B. von Krankenhaus Geburtsseiten oder aus Zeitungen) von Fotografen-Homepages die ihre Arbeiten als Beispiel zeigen, was ihr gutes Recht ist – immerhin haben die Personen diesem vorher zugestimmt – private Fotos… alles ohne das Wissen der Menschen die auf den Bildern zu sehen sind.
Zudem werden auch noch Straftaten vorgetäuscht wie Vergewaltigung und Kindesmissbrauch oder Misshandlungen.
Es existieren auch Accounts die sich Kinderheim nennen und Bilder von Kindern zeigen die angeblich ein Zuhause suchen. Neben Bilder von prominenten Kindern wie Emma Schweiger, Tochter von Till Schweiger, werden da auch ganz normale Kinder von Privatpersonen gezeigt. Die Angaben zu den Bildern sind natürlich erstunken und erlogen. Alles ausgedacht. Gefaked.

Die Accountbesitzer sehen das ganze als Spiel. Es ist nicht echt. Für Außenstehende ist das nicht wirklich immer ersichtlich. Das ganze ist sogar sehr gefährlich.
Das Vortäuschen einer Straftat ist selbst strafbar.
Zudem kann es auch sein, dass irgendjemand, der nicht in dieses “Spiel” involviert ist, das mal sieht und denkt er müsse es bei der Polizei zur Anzeige bringen um diesem Menschen zu helfen.
Außerdem, wie ich schon sagte, das Internet vergisst nicht! Viele Menschen googeln.
Es kann rufschädigend sein, wenn meine Bilder in einen falschen Kontext geraten. Wenn jemand das Bild eines Mannes benutzt und sich als Vergewaltiger bezeichnet, wenn jemand das Bild einer Frau benutzt die im Krankenhaus liegt und dazu schreibt sie wäre von ihrem Vater krankenhausreif geschlagen worden.
Das kann enorme Probleme für die Personen bedeuten, die auf den Bildern zu sehen sind. Darüber machen sich die Accountbesitzer anscheinend keine Gedanken.

 

Reaktionen

Die einen sind empört, die anderen sagen: “Das geschieht denen, die die Bilder ins Netz gestellt haben ganz recht. Hätten Sie das nicht getan, wären die Bilder nicht geklaut worden”.

Nun.. das ist zum Teil richtig. Wenn man etwas nicht ins Netz stellt, kann es dort auch nicht geklaut werden. Wenn ich kein Auto habe, kann es mir auch keiner klauen. Wenn ich kein Portemonnaie mitnehme, kann es mir keiner aus der Tasche klauen.
Es kann doch nicht sein, dass ich mich einschränken muss, nur weil “etwas passieren kann”. Dann sollte ich mich wohl im Keller verbarrikadieren und nie mehr raus gehen. Denn es kann immer und überall etwas passieren!

Das Problem ist: Nur weil man etwas könnte, heißt das noch lange nicht, dass man es auch darf!
Es gibt ein Urheberrecht und ein Recht am eigenen Bild und das bleibt bestehen, egal wie man rum diskutiert. So oder so. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, wo jeder einfach tun und lassen kann was er will, auch wenn viele das im Jahre 2014 immer noch nicht verstanden haben!
Es sitzen vor allen Computern reale Menschen! Das solltet ihr immer bedenken. Egal was ihr sagt oder tut im Internet, es beeinflusst andere. Egal ob positiv oder negativ.

Die Täter sind (vermutlich) eine Gruppe Teenager. Vom Schreibstil und vom Verhalten her würde ich sagen, es sind sicher Teenager.

Hat man einen Account gemeldet oder versucht man, ihnen in irgendeiner Weise aufzuzeigen was sie da eigentlich tun, wird der Account einfach gelöscht und ein neuer erstellt und so weiter gemacht wie bisher. Keinerlei Einsicht, keinerlei Unrechtsbewusstsein.

Nun kann man sich ja fragen: Was läuft da falsch?
Meiner Meinung nach haben die Eltern maßgeblich dazu beigetragen. Hier wurde versäumt den Kindern Medienkompetenz näher zu bringen, eine Grundlage für das richtige Verhalten im Internet zu schaffen.

Medienkompetenz in der Erziehung!

Das Internet ist aus dem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken. Leben findet auch online statt. Kontakte knüpfen, Kontakte pflegen, Hausaufgaben machen, Arbeiten, Recherchieren, Spaß haben… das alles geht online. Und weil wir am Internet nicht mehr vorbei kommen, ist es wichtiger den je, unseren Kindern Medienkompetenz näher zu bringen.

Genau wie ich meinem Kind beibringen muss wie es sich im Restaurant zu verhalten hat oder beim Einkaufen und gegenüber fremden Menschen – muss ich auch meinem Kind zeigen und ihm beibringen, wie man sich im Internet verhält. Es gehört zur Erziehung!
Ich kann mein Kind nicht alleine vor den Computer setzen oder ihm ein Smartphone schenken und erwarten dass es von sich aus das richtige tut. Woher soll es das denn wissen?

Ich kann mein Kind nicht ewig beschützen, ich kann es nicht von Gefahren fern halten. Ich habe als Mutter den Erziehungsauftrag, meinem Kind zu helfen ein eigenständiges, selbst denkendes und selbstbewusstes Individuum zu werden. Ein Mensch der selbstbewusst und eigenständig Gefahren einschätzt, Situationen bewertet und dann auch richtig handelt. Dazu gehört auch der Umgang mit Medien.

Wenn ich meinem Kind nicht beibringe dass jedes Bild im Internet jemandem gehört und nicht einfach verwendet werden darf, woher soll es denn wissen dass es nicht okay ist, Bilder zu speichern und auf einer eigenen Seite wieder zu verwenden?
Wenn ich meinem Kind nicht beibringe, dass man in Chats vorsichtig sein muss, woher soll es dann wissen dass es seine Adresse nicht preis geben darf?
Wenn ich meinem Kind nicht zeige, dass es gut gemachte Betrügerseiten gibt, woher soll es denn dann wissen, dass es gerade ein Abo abgeschlossen hat, für dass in 3 Monaten ein Anwaltsschreiben mit einer horrenden Kostennote im Briefkasten liegt?
Und zu guter letzt: Wenn ich meinem Kind nicht die Sicherheit gebe, dass es sich in unsicheren Situationen an mich wenden kann und mich um Rat fragen kann, egal um was es geht – was macht es denn dann?
Das hat, gerade in Zeiten von Abmahnanwälten, auch etwas mit Selbstschutz zu tun. Denn egal was mein Kind im Netz macht, ich hafte, ich bin dafür verantwortlich! Wenn eine Urheberrechtsklage oder eine Anzeige kommt, dann hafte ich dafür! Wenn eine Rechnung kommt, muss ich die bezahlen!

Klar kann man die Kinder mit wachsendem Alter immer weniger kontrollieren. Ich hab als Teenager auch nicht gerne meine Mutter im Nacken hängen gehabt, wenn ich am Computer war. Aber man kann das Risiko minimieren in dem man die Kinder schon früh an das Thema heranführt und es begleitet auf den ersten Schritten, ihm das Wissen vermittelt “Was ich richtig, was ist falsch, was darf ich und was nicht?” und vor allem das wissen “Da sitzen Menschen an den Computern!”.

Denn auch Cybermobbing, Catfishes und Co. sind zum Teil auch ein Resultat von nicht vorhandener Medienkompetenz und Sensibilisierung.
Ich kann ja meinen Frust und meine Wut im Internet abladen, mit Leuten spielen und den Computer dann ausschalten. Thema erledigt. Egal an wem ich es auslasse, in wem ich Gefühle hervorrufe, ich sehe denjenigen ja nicht. Dass man damit reale Menschen verletzt, sehen viele nicht.

Ein Problem ist sicher auch, dass einige Eltern selbst wenig bis gar keine Medienkompetenz besitzen.
Vielleicht sollte man da die Schulen mit in die Verantwortung nehmen.

Wenn ich an meinen Informatik-Unterricht denke, dann war das eigentlich lächerlich. Wir haben in diesen Stunden immer nichtssagende Texte getippt und durften danach im Internet surfen. Gespräche über Computertechnik oder gar das Internet und was es da alles gibt, welche Gefahren lauern oder welchen praktischen Nutzen es haben kann, gab es da nicht.
Ich weiß nicht wie das heute ist, mein Sohn geht noch nicht zur Schule. Aber ich kann mir gut vorstellen dass das heute noch ähnlich ist. Internet ist halt doch noch irgendwie ein Neuland.

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